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Wer bin ich? Wo bin ich, wo ist die Gruppe? Will ich dazu gehören? Gehöre ich dazu? Bin ich so, weil mir jemand sagt, dass ich so bin? Kann ich so sein, wie ich sein möchte? Lasse ich andere dazugehören?
Wir sind ein Team von KünstlerInnen der Bereiche Schauspielerei, Fotografie, Musik und freier Kunst. Entlang der eingangs formulierten Fragen führen wir bis zum Mai 2012 Workshops mit Kindern, Jugendlichen und jungen Erwachsenen verschiedener Berliner Bezirke durch. Bindeglied unserer Arbeit bildet das partizipatorische Kunstprojekt Das Wörterbuch vom {Nicht-} Dazugehören geleitet von Sigrun Drapatz und Mona Jas, gefördert vom Berliner Projektfonds für Kulturelle Bildung. Das Projekt führten wir in der Auseinandersetzung mit dem Ausstellungsvorhaben Reconsidering Roma – Aspects of Roma and Sinti-Life in Contemporary Art, kuratiert von Lith Bahlmann und Matthias Reichelt [1], durch. Die Ausstellung möchte die Darstellung von Sichtweisen auf Sinti und Roma in den Medien überprüfen und auch Bezug auf die gegenwärtige und historische Situation der Roma in Europa nehmen [2]. Für uns stellte sich die Frage, wie wir zu diesem Thema arbeiten könnten, ohne dabei gängige Klischees zu bestätigen. Das Wörterbuch vom {Nicht-} Dazugehören thematisiert daher das Gestalten und Verändern des Denkens durch eigene Definitionen.
In jeder der insgesamt drei teilnehmenden Schulklassen legten wir ein Projekttagebuch an, das die in den Workshops auftretenden Begriffe sammelt. Diese Materialsammlung bildete den Grundstock des Wörterbuchs, welches als offenes Online-Projekt in der Ausstellung Reconsidering Roma – Aspects of Roma and Sinti Life in Contemporary Art im November 2011 eine Plattform erhielt und dort von deren BesucherInnen weitergeschrieben werden konnte.
Projektleitung:
Sigrun Drapatz / Mona Jas

[1] www.reconsidering-roma.de (abgerufen am 30.08.2011)
[2] „Seit Jahrhunderten ist das Volk der Sinti und Roma (…) Gegenstand und Objekt der Beschreibung vor allem durch „Nicht-Roma“. Stereotype „Zigeuner“(2)-Darstellungen geben einfache Antworten auf komplizierte Sachverhalte, eine differenzierende Wahrnehmung von kultureller Diversität innerhalb der Sinti und Roma-Gruppierungen ist dabei nicht vorgesehen. Die bereits im frühen 15. Jahrhundert entstandenen antiziganistischen Stereotypen haben nichts von ihrer Wirkungsmacht verloren. (…) Denn im Wandel der europäischen Ordnungssysteme richtet sich der zunehmende Hass nicht auf abstrakte (Zerr-)Bilder, sondern auf reale Menschen. Die xenophoben Auftritte der rechtsextremen und militanten „Bürgerwehren“ in den Städten und Gemeinden Ungarns knüpfen auf fatale Weise alltäglich an die Pogromstimmung des NS-Regimes an, die dem Holocaust an den Sinti und Roma vorangegangen war. Der akute Antiziganismus zählt zu einem der virulentesten Ressentiments mit langer Tradition. Auch aus Deutschland und den anderen Mitgliedsstaaten der EU sind gewaltsame Ãœbergriffe gegen Roma zu vermelden.“, schreibt Lith Bahlmann in der Einführung des begleitenden Ausstellungskatalogs.
(2) Der Begriff „Zigeuner“, der von einigen Roma sogar eine affirmative Verwendung findet, wird in der gesamten Publikation als Fremdbezeichnung, die von rassistischer Zuschreibung untrennbar ist, vermieden. Gerade vor dem Hintergrund des Genozids an den Roma und Sinti im deutschen Faschismus und des von den Nazis benutzten Terminus „Zigeuner“ scheidet dieser Begriff aus. In der vorliegenden Publikation wird er nur in distanzierenden Anführungszeichen und auch nur dann verwendet, wenn die Benennung des diskriminatorischen Terminus selbst unumgänglich ist.


admin 23. August 2011